Wir bieten seit bald 45 Jahren gewaltbetroffenen Frauen und ihren Kindern einen sicheren Wohnplatz und psychosoziale und rechtliche Beratung. Über unseren zentralen Notruf 05 77 22 organisieren wir bei Bedarf sofort die Aufnahme in einem unserer fünf Wiener Frauenhäuser.
Auch in unserer ambulanten Beratungsstelle finden gewaltbetroffene Frauen psychosoziale und rechtliche Beratung, besonders auch psychosoziale und juristische Unterstützung im Zuge von Strafverfahren. Die Beratungen sind kostenlos, vertraulich und es gibt die Möglichkeit zu Dolmetsch. Eine andere Beratungsstelle widmet sich dem Thema “Perspektive:Arbeit”, hier sollen Frauen mit Gewalterfahrungen für den (Wieder-)Eintritt in den Arbeitsmarkt empowert und unterstützt werden.
Dazu kommen noch unsere 54 Übergangswohnungen in denen wir Frauen nach dem Frauenhausenthalt begleiten, die zwar noch Unterstützung, aber die hohe Sicherheit des Frauenhauses nicht mehr brauchen. Gemeinsam mit der Männerberatung Wien haben wir ein Projekt, bei dem wir Frauen betreuen, deren Männer in einem Antigewalttraining sind. Ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt stellen auch immer die Kinder dar, für die wir viele verschiedene therapeutische Angebote oder auch Projekte zur Freizeitgestaltung anbieten.
Viele unserer Bewohnerinnen flüchten aus langjährigen Gewaltbeziehungen. Sie haben schlimme psychische, physische und/ oder Gewalt erlebt, werden nach der Flucht ins Frauenhaus oftmals weiter bedroht oder unter Druck gesetzt. Sie müssen sich in einer völlig neuen Situation zurechtfinden, haben existenzielle Ängste, Zukunftssorgen – wie geht es weiter? Wovon und wie werde ich mit meinen Kindern einmal leben? Gleichzeitig haben sie es geschafft aus dieser ständigen Bedrohung zu fliehen. Das braucht viel Stärke. Die Frauen müssen zur Ruhe kommen können, brauchen Zeit sich zu sortieren und Informationen, um ihre weiteren Entscheidungen treffen zu können.
Frauen die ökonomisch vom gewalttätigen Partner abhängig sind haben es besonders schwer sich aus einer Gewaltbeziehung zu lösen. Manche Frauen müssen auch ihre Arbeitsstelle aufgeben, da sie dort nicht mehr sicher sind.
Um gewaltbetroffene Frauen in ihrer ökonomischen Unabhängigkeit zu unterstützen haben wir im November 2022 unser Projekt „Perspektive:Arbeit“ gestartet. Hier beraten und unterstützen wir ganz spezifisch gewaltbetroffene Frauen die erstmals, oder wieder, in das Berufsleben einsteigen möchten. Wir vermitteln in Kooperation mit dem AMS Wien Bildungs- und Arbeitsmaßnahmen und Unterstützung beim Einstieg oder Wiedereinstieg in den Beruf.
Die Gewalt ist sicherlich nicht weniger geworden und es war für betroffene Frauen schwieriger sich Hilfe von außen zu holen oder aus der Gewaltbeziehung zu fliehen – gerade in den ersten Pandemie-Monaten waren diverse Institutionen (wie z. B. auch die Gerichte) mehr oder weniger geschlossen und durch Kurzarbeit und Homeoffice gab es weniger Gelegenheiten für die betroffenen Frauen unbemerkt zu telefonieren oder die Wohnung zu verlassen.
Die Teuerungen und angespannte Arbeitsmarktsituation betrifft unsere Bewohnerinnen insofern, als dass sie ihnen zusätzlich erschwert sich ein neues unabhängiges Leben aufzubauen. Das ist ein großes Thema – wie schaffe ich es als Alleinerzieherin mir mit meinen Kindern ein neues Leben auszubauen? Kann ich mir eine Wohnung, die Energiekosten, genug Lebensmittel leisten? Das kann schon noch einmal den Schritt aus einer Gewaltbeziehung erschweren. Das kann auch bedeuten, dass es für mehr gewaltbetroffene Frauen keine andere Möglichkeit als das Frauenhaus gibt, da sie schlicht weniger Ressourcen haben um sich eine andere Wohnmöglichkeit zu organisieren
Wir brauchen mehr Möglichkeiten zur Kooperation und Vernetzung bei Hochrisikofällen, denn die Informationen zu einem Fall sind meist auf verschiedene Institutionen aufgeteilt: die Gewaltschutzeinrichtung, die Polizei, das Jugendamt und andere. Es gibt zwar mittlerweile sogenannte sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen. Diese finden jedoch viel zu selten statt.
Es braucht jedenfalls auch verpflichtende Fortbildungen zur häuslichen Gewalt in der Justiz und im Gesundheitswesen. Beide haben häufig mit gewaltbetroffenen Frauen zu tun, es fehlt allerdings das spezifische Wissen zu Gewaltdynamiken und der speziellen Situation gewaltbetroffener Frauen. Nicht zuletzt braucht es wesentlich mehr Mittel für Präventionsarbeit: in den Schulen, in der Jugendarbeit. Und eine gut finanzierte langfristig angelegte opferschutzorientiere Täterarbeit.
Wir freuen uns sehr, dass wir jetzt im Dezember 2022 das 5. Wiener Frauenhaus eröffnen werden. Dann können wir insgesamt 225 Frauen und ihren Kindern einen sicheren Wohnplatz bieten. Dazu haben wir, wie bereits gesagt, im November unser Projekt „Perspektive:Arbeit“ gestartet mit dem wir gewaltbetroffene Frauen speziell zu den Themen Einstieg oder Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt beraten. Wir arbeiten auch an einem Frauenhaus für junge Frauen, also ab 16 Jahren. .
Und auch die Kooperation mit der Männerberatung soll natürlich 2023 weitergehen. Täterarbeit ist ja nur sinnvoll, wenn sie in Kooperation mit einer Einrichtung geschieht, die das Opfer unterstützen und auch nachfragen, ob es zu Hause jetzt wirklich weniger – oder am besten natürlich keine - Gewalt gibt.